BU: UX-Designerin Elisa Haubert (links) und Softwareentwicklerin Kristin Fritsch (rechts) engagieren sich im Leipziger Verein nullaufeins.
Elisa Haubert und Kristin Fritsch führten zu unserem Fachtag einen Workshop zum Thema „Coding und (female) Empowerment“ durch und nun erklären sie hier im Interview wie sie mittels „Calliope mini“ intelligente Pflanzenpflege betreiben können.
Coding für alle: Kristin Fritsch über die Begeisterung für Technik, Frauen in der IT und neue Lernansätze
Schnelle Erfolgserlebnisse verspricht der Einsatz des Microcontroller Calliope mini in der Arbeit mit Kindern und Jugendlichen – findet zumindest Entwicklerin Kristin Fritsch vom Leipziger Verein nullaufeins. Sie zeigt im Workshop zur intelligenten Pflanzenpflege, wie ein niedrigschwelliger Einstieg ins Programmieren aussieht und wie Interesse für IT geweckt werden kann.
Kristin, du bist Softwareentwicklerin, deine Workshoppartnerin Elisa ist UX-Designerin. Ihr engagiert euch im Leipziger Verein nullaufeins. Wie ist dein Blick auf das Thema Programmieren und transformatives Lernen?
Kristin Fritsch: Wir bringen Menschen in unserer Freizeit ehrenamtlich Technik und das Coden näher, zum Beispiel mit Workshops. Der Ansatz ist immer, dass man einfach mal was Neues ausprobieren kann und es Spaß macht. Nullaufeins ist eine Gruppe von Entwickler*innen und Kreativen aus Leipzig, die Menschen auf ihrem Weg in die IT unterstützen will. Wir wollen Wissen teilen und für Technik begeistern.
Arbeitet ihr dann vor allem mit Erwachsenen?
Kristin Fritsch: Wir arbeiten auch mit Kindern und Jugendlichen. Ich bin der Meinung, dass man früh anfangen muss. Mittlerweile bin ich aber etwas zwiegespalten, was die Angebote angeht: Kinder bekommen viele Möglichkeiten, sich mit Technik auseinanderzusetzen, aber Erwachsene haben nur noch selten die Chance, irgendwo einzusteigen. Deshalb finde ich es gut, allen Menschen Raum zu geben, Technik auszuprobieren. Die Technik schreitet immer weiter voran und es gibt immer mehr Menschen, die Schwierigkeiten haben, da Schritt zu halten.
Euer Workshop heißt „Coding und (female) Empowerment“. Gibt es immer noch die klassischen IT-Stereotypen?
Kristin Fritsch: Das Bild vom Programmierer im dunklen Keller existiert immer noch – dabei gibt es viele Bereiche in der IT, die Spaß machen und in denen man seinen Platz finden kann. Es gibt immer noch fast keine Frauen in der IT und es fehlen auch die Vorbilder, sodass wir das Ziel haben, mehr Mädchen und Frauen für das Thema zu begeistern. Im Workshop am Fachtag wollten wir explizit Frauen ansprechen, die bisher noch wenig Berührungspunkte mit dem Thema hatten. Es ist eine andere Atmosphäre, wenn der Raum nur für Frauen ist: Die Hemmungen sind dann geringer, auch mal nachzufragen, Fehler zu machen – überhaupt Technik mal von einer Frau erklärt zu bekommen, ist für viele eine neue Erfahrung.
Im Workshop widmet ihr euch der intelligente Pflanzenpflege. Dazu benutzt ihr den Microcontroller Calliope mini. Kann damit jeder in die Welt des Programmierens einsteigen?
Kristin Fritsch: Ja, der Calliope mini ist ein schönes Einstiegstool für alle. Er wird ab der dritten Klasse empfohlen und man kann ihn am PC oder mit einer App auf dem Tablet nutzen, ohne aufwändig Software installieren zu müssen. Er kostet circa 30 Euro und es gibt eine Reihe von Sensoren und Erweiterungsmöglichkeiten für verschiedenste Anwendungsbereiche. In Schulen ist der Calliope mini sehr beliebt, man kann ihn zum Beispiel auch um Räder erweitern oder einen Roboter daraus bauen.
Dahinter steht ein Open Source-Projekt. Das heißt, es gibt immer Weiterentwicklungen und eine Community, die das vorantreibt. Im Verein arbeiten wir ein bisschen hardware-naher und kaufen die Bauteile und Sensoren und setzen sie dann selbst zusammen. Das ist günstiger und so kommen die Teilnehmer*innen auch schon mit Stromkreisen, Daten und so weiter in Kontakt. Aber im Endeffekt ist beides sehr ähnlich.
Man kann damit auch programmieren?
Kristin Fritsch: Ja, wenn man über die Blöcke hinaus gehen will, kann man zum Beispiel damit anfangen, eine Programmiersprache zu lernen.
Zurück zur intelligenten Pflanzenpflege: Ihr wollt also über dieses lebensnahe Thema einen Zugang zur Technik schaffen?
Kristin Fritsch: Genau. Dass es Pflanzen geworden sind, hat damit zu tun, dass wir überlegt haben, welches Thema für Frauen erstmal von Interesse sein könnte. Wenn wir nur schreiben, dass wir coden, spricht das nicht viele Frauen an. Aber wenn das Thema ein bisschen witzig ist, denkt sich vielleicht die ein oder andere: „Warum nicht? Ich habe ja Pflanzen.“ Uns geht es darum, dass man so einen Microcontroller mal in der Hand gehalten hat. Mit Sensoren kann man dann zum Beispiel die Feuchtigkeit der Erde messen oder herausfinden, wie die Temperatur- oder Lichtverhältnisse an einem Standort sind. Auf der anderen Seite sieht man auch, wie einfach man mit den Bausteinen etwas zusammenklicken kann und, dass man schnell Erfolgserlebnisse hat. Und: Es ist auch reproduzierbar für die Arbeit mit Kindern und Jugendlichen.
Worin liegt die Schwierigkeit für euch als Verein, diese Themen zu setzen?
Kristin Fritsch: Ein Problem ist, dass alles ehrenamtlich läuft. Es wäre wichtig, wenn man diese Arbeit auch bezahlen könnte – oft geht mit Auf- und Abbau ein Samstag dafür drauf. Wir haben mittlerweile durch unsere MeetUps und Workshops eine gute Gruppe an Mentor*innen zusammen, jetzt fehlen uns eher die Teilnehmer*innen. Es ist schwierig, die Menschen zu erreichen, die das potenziell interessiert. Die Zielgruppe ist natürlich (noch) nicht so groß, aber die Konkurrenz an Angeboten ist umso größer, sodass man eigentlich Geld für Marketing und Werbung in die Hand nehmen müsste. Und wir sind natürlich immer auf der Suche nach neuen Ideen, die junge Menschen interessieren.
Hast du eine Vision, wie ihr junge Leute noch besser erreichen könntet?
Kristin Fritsch Ich glaube, man müsste irgendwo mit angesiedelt sein – in einem Jugendclub mit einem kleinen Makerspace zum Beispiel. Man muss wirklich schauen, dass man junge Menschen abholt. Ich bin auch bei ‚Jugend hackt‘ dabei, die machen das sehr gut, denn sie fragen die Jugendlichen bei Hackathons immer, was sie in ihrem Alltag brauchen. Das ist es, was die Veränderung bringt: Wenn man merkt, dass man mit seinen eigenen Fähigkeiten etwas umsetzen kann. Ich würde auch gern mehr in die ländlichen Räume mit diesen Themen gehen – da gibt es natürlich viel weniger Angebote als zum Beispiel in Leipzig, wo man die Wahl zwischen vielen Optionen hat.
Mehr zu nullaufeins e.V. lesen: https://nullaufeins.org/de/

BU: Schluss mit Raten, ob zu viel oder zu wenig Wasser: Technik kann dabei helfen, die Pflanzen zuhause gesund zu halten, zeigen Kristin Fritsch und Elisa Haubert von nullaufeins im Workshop.
Das Interview und die Bilder wurden von Lisa Brüßler erstellt.